Neuer Trend bei Betriebs-, Organisations- oder Führungs-Engpässen
Interim-Managerinnen und -Manager springen dann ein, wenn sie gebraucht werden. Oft werden sie aber erst gerufen, wenn es schon zu spät ist und dann heisst die Devise im Unternehmen: «Kollateralschaden verhindern». Wir haben uns mit einem Experten auf diesem Gebiet, Dr. Matthias Schweizer aus Basel, unterhalten und ihm etwas über die Schulter geschaut.
Wer erinnert sich nicht an die «Affäre des Jahres» 2018: Der Druck durch die Pierin Vincenz-Affäre war enorm auf die Geschäftsleitung und den Interimspräsidenten der Raiffeisen Bank. Der CEO Patrik Gisel ist Ende 2018 zurückgetreten und Interimspräsident Pascal Gantenbein sprang für einige Monate ein, bis dass mit Guy Lachappelle ein neuer Chef gefunden wurde.
Dieser Fall ist ein gutes Beispiel, denn er zeigt, wie wichtig – egal ob bei grösseren Konzernen oder auch bei mittelständischen KMU – für Betriebe ein gutes Interim-Management, sprich eine adäquate Interimslösung ist. Jene Leute zur Hand zu haben, die schnell und effizient «übernehmen» können und Führungslücken füllen, kann sogar eine Firma vor einem Kollateralschaden wegen eines Führungsvakuums retten. Dies gelte, so sagen Arbeitsforscher/innen, meistens bei Posten im mittleren oder höheren Kader. Denn da sind kurzfristige und schnelle Lösungen am meisten gefordert. Gefordert sind hierbei natürlich auch die Betrieblichen Mentorinnen und Mentoren. Denn sie bereiten jene vor, die als Interim-Managerinnen oder -Manager einspringen sollen oder gar als NachfolgerInnen amtieren werden. Viele entscheiden sich aber auch für eine externe Lösung. Der Grund: Der kurz- bis mittelfristige Einsatz eines «Interim-Managers» bietet Vorteile und Chance zugleich, da er sich neutral, vorbehaltslos und unvoreingenommen auf Problemlösungen und Projekte konzentrieren kann. Das Wissen und die Erfahrung «von aussen» sowie neue Impulse und Ideen ermöglichen einen breiteren Blickwinkel.
Schnell handeln oder antizipieren
Dr. Matthias Schweizer – mit seinem Unternehmen Moncrier (moncrier.ch) auf Überbrückungslösungen im Sozial- und Gesundheitswesen spezialisiert – bestätigt: «Interim-Einsätze dienen zur Überbrückung von Engpässen und ermöglichen, in einem begrenzten Zeitraum, Problemlösungen in die Wege zu leiten. Diese sichern den Betrieb und helfen, wirtschaftlichen Schaden bei unvorhergesehenen Ereignissen zu vermindern.» Schweizer ist ein Beispiel dafür, wie man sich erfolgreich als Mentor/in und Coach etabliert und auch dafür, wie gefragt diese Leute sind (Tipp: www.lernwerkstatt.ch/betrieblicher-mentor ). Dr. Matthias Schweizer ist aktuell sowohl Interim-Manager wie auch als Mentor und Coach für Kaderleute im Auftrag von Oranisationen im Sozial- und Gesundheitswesen tätig. Er war jahrelang in leitenden Funktionen in diesem Branchensegment tätig, mit Schwerpunkt der Organisationsentwicklung sowie Expertise in Marketing, Personalwesen und Freiwilligenmanagement, insbesondere als langjähriger Dienstleister für Kantone und Gemeinden. Schweizer leitete ferner Digitalisierungs-Projekte, verfügt über Knowhow in Qualitäts-, Risikomanagement und IKS und weiss dementsprechend, worauf es inhaltlich aber auch atmosphärisch ankommt, wenn ein kühler Kopf und lösungsorientiertes Handel gefragt ist: «Als Mentorin oder Mentor ist man genau so gefragt wie als Analytikerin beziehungsweise Analytiker.»
Besonders gefragt im Sozial- und Gesundheitswesen
Im Sozial- und Gesundheitswesen ist die Nachfrage nach solchen Interimslösungen gestiegen. Denn diese Branche steht seit Jahren vor zunehmenden (neuen) Herausforderungen. Der Schwerpunkt liegt auf der Finanzierung des steigenden Bedarfs an Versorgungs-, Betreuung- und Beratungsleistungen. Der Spagat zwischen Markt und kantonalen Bestimmungen, insbesondere hinsichtlich der zunehmenden gesetzlichen Qualitätsanforderungen, erschwert zusehends die Stabilität und Nachhaltigkeit der zu erbringenden Dienstleitungen.
«Infolgedessen verstärkt sich der Druck zur Effizienz-Steigerung der Betriebsabläufe zu einer stärkeren Kundenorientierung durch Personalentwicklung sowie zur unabdingbaren Abwägung von Nutzenpotential und tatsächlichem Erfolg. Unter anderem geschieht dies aufgrund der intensivierten Digitalisierung. Vor diesem Hintergrund können Ausfälle von Schlüsselpersonen beziehungsweise kurzfristiger Bedarf an spezialisiertem Wissen in Bezug auf die Qualität, Stabilität und Nachhaltigkeit ein Risiko darstellen», so Dr. Matthias Schweizer. Eine Überbrückungslösung bei Betriebs-, Organisations- oder Führungs-Engpässen vermindere also Risiken im Betrieb und im Kostenbereich und dient der Entwicklung nachhaltiger Lösungen, so der Basler Experte weiter.
Risiken durch ein unerwartetes Führungsvakuum
Wenn ein Unternehmen zu spät reagiere, entstünden Risiken durch ein unerwartetes Führungsvakuum, das Unsicherheit in der Belegschaft, Grabenkämpfe oder Kompetenzgerangel auslöst. Aber auch, wenn die Last der Überbrückung ungerecht verteilt wird und die Mitarbeitenden durch Zusatzaufgaben überfordert werden: «Dann häufen sich Pendenzen, der gesetzliche Auftrag wird mangelhaft oder gar nicht mehr umgesetzt, die Verbindlichkeiten werden nicht mehr eingehalten und externen oder internen Partnern fehlt eine entscheidungs-, beziehungsweise eine weisungsbefugte Ansprechperson.»
Ein weiterer Risikofaktor sei die Initialisierung neuer Projekte, der Auf-/Ausbau einer neuen Geschäftseinheit oder eine Neuausrichtung der Organisation. Unter Zeitdruck fehlen die nötigen Management-Kompetenzen, die personellen Ressourcen, die erforderliche Infrastruktur oder das erforderliche Fach-Wissen. Uneinigkeit in der Ausrichtung, auch unverständliche Entscheide, führen zu schwindendem Rückhalt in der Belegschaft. Dies könne zu Fehlentwicklungen wie Kostenüberschreitung und Nichteinhaltung der gesetzlichen Standards führen. Demzufolge steigt der Druck auf das Aufsichtsgremium. Entscheidungen müssen nachträglich korrigiert werden und die Gefahr eines Reputationsschadens wächst. Eine nachhaltige Sicherung der angestrebten Veränderung ist nicht möglich. Der Einsatz eines Interim-Spezialisten dürfte sich in solchen Situationen positiv auswirken.
JoW