Die «vergessene Förderung»

    Kein Förderbatzen für Kreative – Wird die Kreativwirtschaft der Region im Stich gelassen?

    Die Kreativwirtschaft hat in Basel-Stadt und in der Region Nordwestschweiz traditionell eine besondere Bedeutung und trägt viel bei zur Volkswirtschaft. Schon 2010 wurde festgestellt: In Basel-Stadt liegt Potenzial in der Kreativwirtschaft brach und eine Förderung würde bei den vielen KMU einiges bewirken. Aber seit 2013 geht wenig bis nichts mehr in diesem Bereich.

    (Bilder: Fotolia) Vergessenes Marktsegment? Welche Fördermittel bekommen die Cracks in der Kreativwirtschaft in Zukunft?

    Im Jahre 2010 wollte Wirtschaftsdirektor Christoph Brutschin den Bereich der Kreativwirtschaft gezielt fördern. Der frühere Expo-Direktor Martin Heller wurde beauftragt, mit einem Steuerungsgremium bis 2013 «messbare Resultate» zu liefern. Ein in der Schweiz einzigartiger und lobenswerter Plan. Nach den drei Jahren würde dann entschieden, ob die Kreativwirtschaft weiterhin Unterstützungsgelder erhält.

    Beim Wort Kreativwirtschaft ist ein heterogenes Marktsegment gemeint, geprägt von Design über Architektur, von Musik, Werbung, Film bis zu Software, Kunst und Pressewesen. Viele in diesem Marktsegment haben von den Gewerbeverbänden wenig bis gar keine Unterstützung zu erwarten und erhalten auch keine staatliche Wirtschaftsförderung. Dabei sorgen die vielen KMU der Region wesentlich dazu, dass die Standortattraktivität hoch bleibt und erhalten sowie kreieren viele Jobs.

    «Initiative Kreativwirtschaft Basel» wurde zum «Rohrkrepierer»
    Also wurde das befristete Programm «Initiative Kreativwirtschaft Basel» (IKB) als Pilotphase auf die Beine gestellt. Und leider 2013 für beendet erklärt, nachdem eine Million Franken hierfür verwendet wurden. Gemäss Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) sind die gesetzten Ziele dennoch mehrheitlich erreicht worden. In Zukunft soll die Pflege der Teilbranchen Design und Architektur aus dem AWA heraus erfolgen.

    Warum aber wurden die Pläne auf Eis gelegt? Die vom Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) in Auftrag gegebene externe Evaluation kam zum Schluss, dass die IKB ein zweckmässiges Dienstleistungsangebot aufgebaut hat, das es erlaubt, mittelfristig die gesetzten Förderziele zu erreichen. Für die Zukunft wurden in der Evaluation drei Optionen geprüft und bewertet: die Verlängerung des IKB-Pilotbetriebs um weitere drei Jahre, die Einstellung der Förderung der Kreativwirtschaft, sowie die Fokussierung auf wenige Angebote und die gleichzeitige Eingliederung in die kantonale Standortförderung. Am Schluss entschied man sich für eine gezielte  Innovationsförderung und eine kantonal gesteuerte Unternehmenspflege für Unternehmen der Kreativwirtschaft.

    Arbeiten in der Kreativwirtschaft: Die Region braucht begeisterungsfähige Kreative in Werbung, Design, im Medienwesen, in der Entwicklung und so weiter…

    Es bleibt die Unternehmenspflege und Innovationsförderung
    Samuel Hess, Mitglied der Geschäftsleitung und Bereichsleitung Wirtschaft des Departement für Wirtschaft, Soziales und Umwelt des Kantons Basel-Stadt: «Die damals gemachten Äusserungen gelten auch heute unverändert. Die Schwerpunkte der Standortförderung im aktuellen Wirtschaftsbericht, den die beiden Basler Kantone 2016 erstmals gemeinsam herausgegeben haben, sehen vor, dass man den Bereich Innovationsförderung stark unterstützt. Dies deshalb, weil die Kantone Basel-Stadt, Baselland und Jura hier den grössten Nutzen einer Förderung sehen und die Förderung eingebettet ist in das Umsetzungsprogramm im Rahmen der Neuen Regionalpolitik, die diese Kantone mit dem Bund vereinbart haben. Rein kantonal bleibt die Unternehmenspflege, die auch Unternehmen der Kreativwirtschaft umfasst.» Was aber sicher scheint, ist dass das AWA in absehbarer Zukunft kein neues Programm zur Förderung der Kreativwirtschaft initiieren oder unterstützen wird.

    «Keine nachhaltige Wirkung»
    Natürlich gab es Reaktionen dazu. Zum Beispiel von der Designerin Tanja Klein vom bekannten Label «kleinbasel» (kleinbasel.net): «Ich finde es enorm schade, war doch die Grundidee, die Kulturwirtschaft mit den vielen gestalterischen Berufen und die kleinen Firmen nachhaltig zu unterstützen und zu fördern, sehr gut. Natürlich wäre es interessant, wenn dieses Projekt wieder aufgenommen würde, da auch schon etwas etablierte Firmen in der Kulturwirtschaft von diesem Angebot profitieren könnten. Wissenstransfer, direkte finanzielle Unterstützung gewisser Firmenprojekte und Plattformen für die öffentliche Sichtbarkeit dieser Branche wären nach wie vor wünschbar.» In der Kunst würde, so Tanja Klein, zum Beispiel mit den diversen Wettbewerben und Förderpreisen einiges von kantonaler Seite her unternommen. Leider sei dies im Design oder in der weiteren Kulturwirtschaft nicht der Fall. Es gibt etliche Designer, Architekten und gestalterisch verwandte Berufe die eine Förderung sehr gut gebrauchen könnten, so Tanja Klein. Sie kommt zum Schluss: «Eine Weiterführung des Projektes hätte sicher eine nachhaltigere Wirkung als ein Pilotprojekt von drei Jahren mit anschliessender Nicht-Weiterführung.»

    «Verpasste Gelegenheit»
    Auch von Seiten des seit über vierzehn Jahren engagierten parteiunabhängigen Komitees «Kulturstadt-Jetzt» für die Förderung der Kultur und die Belebung der Stadt vermisst man eine konkrete Förderung der Kreativwirtschaft. Geschäftsführer Claudio Miozzari: «Ungeachtet der Beurteilung von IKB – wir hatten gegenüber der Umsetzung Vorbehalte – erachtet es «Kulturstadt Jetzt» als verpasste Gelegenheit, dass in Sachen Förderung Kreativwirtschaft in den letzten Jahren gar nichts passiert ist.»

    Kreativwirtschaftler lobbyieren und netzwerken
    Seit 2016 versucht der Verein kreaB die Interessen der Basler Kreativwirtschaft zu vertreten. Denn  das Bedürfnis nach einer Interessenvertretung blieb offenbar in der heterogen zusammengesetzten  Szene bestehen. Zehn Vertreterinnen und Vertreter der diversen Kreativbranchen gründeten im Januar 2016 den Verein. Die Initianten möchten vor allem die Sichtbarkeit, die Vernetzung, die Marktchancen und die Förderung der Kreativwirtschaftler in Basel und Umgebung stärken. Es geht auch um Lobbying. Das ist dringend nötig, denn rund die Hälfte der Kreativwirtschaftler seien Einzelkämpfer sagen Kennerinnen und Kenner der Szene. Bislang wurde kreaB von der Christoph Merian Stiftung mit 30’000 Franken unterstützt. Basel ist ein attraktiver Ort für die Kreativwirtschaft, allerdings fehle es den Akteuren an Vernetzung, Sichtbarkeit und Förderung. Der Verein kreaB wolle diese Lobbying-Lücke schliessen.

    JoW

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