Upcyceln als Lebenseinstellung

    Auch in Basel voll im Trend: Urban Agriculture

    David Jucker (30), wohnhaft in Basel, absolvierte den Bachelor in Molecular Life Science an der FHNW in Muttenz, arbeitete 80% in der Pathologie des Uni Spitals in der Diagnostik. Und dann faszinierte ihn das Thema Urban Agriculture, als er aus Kaffeesatz Pilze herzustellen begann.

    (Bild: Stadtpilze) David Juckers Lebenstraum: Mit dem Projekt und der Idee «Stadtpilze» Erfolg haben.

    Urban Agriculture ist die Erzeugung von Lebensmitteln, Kräutern, Blumen, Nutz- und Medizinalpflanzen durch die in der Stadt und der Agglomeration lebenden Menschen in einem ganzheitlichen Sinne. In der Stadt engagiert sich der Verein Urban Agriculture Basel in diesem Sinne. Dabei sieht sich der Verein den Zielen der lokalen, sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit verpflichtet – zum Erhalt von Natur, Biodiversität und Menschen. Der Verein Urban Agriculture Basel versteht sich als Netz von Personen und Organisationen, die im Rahmen seines Zweckes aktiv (oder passiv fördernd) tätig sein wollen. Auch David Jucker, als einer der Gründer von «Stadtpilze» www.stadtpilze.ch war von Urban Agriculture fasziniert. Aber wie kommt man darauf aus Kaffeesatz Pilze herzustellen? Jucker: «Ich habe auf YouTube Videos gesehen, von einer Zucht in Amerika. Dann habe ich rausgefunden, dass es auch in den Niederlanden, Deutschland, Österreich, Frankreich und Italien gemacht wird. Das Knowhow ist Opensource jedem zugänglich.» Nützlich war ihm dabei seine Ausbildung in Molekularbiologie. Aber das ganze Knowhow sei eh frei zugänglich im Internet wie in verschiedenen Foren wie shroomery.org.

    Auf dem Weg zu einem Lebenstraum?
    Stadtpilze produziert zwischen 10 und 15 Kilogramm pro Woche, in der Regel Austernseitlinge, indische Seitlinge, Rosenseitlinge und Igelstachelbart. Dafür brauche man zirka 2000 Liter Kaffeesatz pro Monat, die man von verschiedenen Stellen wie das Unternehmen Mitte, Spettacolo oder Gaia erhält. «Wir holen das Material selbst mittels Cargo Bike», so Jucker. Das Ziel sei 200 Kilogramm Seitlinge pro Monat zu produzieren und nebenbei andere Sorten wie Igelstachelbart, Shiitake, Maitake und weitere zu etablieren. Gerne würde Jucker dies auch hauptberuflich machen. «Die Zucht trägt sich aber erst selbst, bis wir uns einen Lohn zahlen können. Bis dahin wird noch ein Jahr ins Land gehen.» Mit dem Pilze züchten alle Rechnungen bezahlen zu können, den Organismus Pilz wieder in der Gesellschaft zu verankern und den Leuten bewusst zu machen, dass wir gemeinsam stärker sind als allein, in Analogie zum Ausbreiten des Myceliums des Pilzes, das sei sein Lebenstraum.

    Die meistgestellte Frage an Jucker ist: Schmeckt man einen Unterschied von deinen «Kaffeepilzen» zu den normalen Pilzen? Jucker: «Manche sagen, bei Wildpilzen schmecke man das typische Waldaroma. Verglichen mit Pilzen aus Import oder Grosshandel sind unsere Pilze aber um einiges kräftiger im Geschmack. Die Preise verglichen mit Pilzen aus Import oder Grosshandel sind um etwa ein Drittel höher.» Kaufen und essen könne man die Pilze in der Bäckerei KULT, in den Restaurants Rhyschänzli, Klingeli, Predigerhof, Perron, zum Onkel, Zum Tell und im Bon Vivant.

    Es gibt aber noch andere Projekte, die Jucker reizen würden: Eine eigene Myzel Zucht, eine eigene Küche, um Produkte mit den getrockneten Pilzen zu produzieren, mehr Workshops und Führungen. Und was will David Jucker den Menschen zum Thema Upcycling mitgeben? «Wirklich upcyceln, Sachen tauschen und reparieren, Sachen wirklich erst dann neu kaufen, wenn man es nirgends anders gefunden hat, das ist eine grundlegende Einstellung, die wir vertreten.»

    JoW, Mitarbeit: D. Ciociola

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