Leben in zwei Welten

    Libellen brauchen nicht nur Gewässer, sondern auch geeignete Landlebensräume, um ihren Lebenszyklus abzuschliessen.

    (Bild: zVg) Beim Paarungsrad übernimmt das Weibchen (unten) das vom Männchen an seiner Körperunterseite zwischengelagerte Spermienpaket. (im Bild: Südlicher Blaupfeil).

    Das Leben jeder Libelle beginnt als Larve im Wasser. Mit ihrer meist braunen oder leicht grünlichen Färbung haben diese kaum Ähnlichkeiten mit den farblich ansprechenden und geflügelten Erwachsenen. Versteckt in der Unterwasserpflanzenvegetation oder im Bodengrund eingegraben entziehen sie sich unseren Blicken. Ein weiterer Grund sind die für Lauerjäger typischen langsamen Bewegungen.

    Gut versteckt vor Feinden
    Die ruhige versteckte Lebensweise verhindert, dass Libellenlarven auf dem Speiseplan von Wasservögeln, Fischen, Gelbrandkäfer oder grösseren Libellenlarven landen. Befinden sich Fische in einem Gewässer, können bestimmte Libellenarten nicht überleben. Andere Arten können mit den grösseren Fressfeinden zusammenleben, indem sie sich im Boden vergraben oder sich im Dickicht der Unterwasserpflanzen verstecken.

    In ihrem Versteck lauern sie auch ihrer Nahrung auf. Neben Würmern und Wasserflöhen sind dies Mückenlarven und andere im Wasser lebende Jugendstadien von Insekten aber auch Kaulquappen und sogar kleine Fische. Libellenlarven gehen nur bei grossem Hunger aktiv auf Jagd und warten normalerweise gut versteckt auf ihr ahnungsloses Opfer. Nähert sich ein Beutetier wird es mit einer speziellen Fangmaske, die blitzschnell unter den Mundwerkzeugen hervorschiesst, gepackt und anschliessend verspeist.

    Verwandlung mit Gefahren
    Das Leben als Larve dauert artabhängig zwischen wenigen Monaten bis hin zu sechs Jahren. Die Haut, das derbe Aussenskelett der Larven, wächst dabei nicht mit und wird bei regelmässigen Häutungen zurückgelassen.

    Der gefährlichste Moment im Leben einer Libelle ist die Verwandlung von der Larve zum flugfähigen Insekt – im Fachjargon Emergenz genannt. Dabei klettern die Larven an Pflanzen oder anderen Strukturen aus dem Wasser.

    Ist ein geeigneter Platz gefunden, platzt die Larvenhaut am Rücken auf und die noch blass und schrumpelig aussehende Libelle zwängt sich aus ihrem Jugendkleid. Bis Körper und Flügel gehärtet sind und das Tier flugbereit ist, sind Libellen hilflos dem Appetit von Ameisen aber auch Wasservögeln, Fröschen und anderen Insektenfressern ausgesetzt.

    Nach Ihrem Jungfernflug mit den anfänglich noch glänzenden Flügeln entfernt sich die Libelle von ihrem Entwicklungsgewässer, um in der näheren Umgebung – dem sogenannten Reifungshabitat – nach Nahrung zu suchen. Allerlei Fluginsekten, wie Mücken aber auch Schmetterlinge, Wespen und andere Libellen werden dabei im flinken Flug erbeutet. Für uns Menschen sind sie durchaus nützlich, fressen sie doch Blattläuse und andere Schadinsekten – und Lästlinge.

    Fortpflanzung nach Libellenart
    Wohlgenährt und bereit für die Fortpflanzung kehren die Libellen nach der Reifungszeit zu den Gewässern zurück. Die Weibchen werden dort meist schon von den Männchen erwartet, die eine günstige Ausgangsposition auf ihren Flugrouten oder ihren Sitzwarten energisch gegen Konkurrenten verteidigen. Vor der Paarung packt das Männchen seine Partnerin mit seinen Hinterleibsanhängen am Hinterkopf. Aufgrund des Körperbaus ist dieser Vorgang nur bei der gleichen Art möglich und verhindert in der Regel eine zwischenartliche Paarung.

    Die Geschlechtsdrüsen des Männchens befinden sich wie jene des Weibchens am Hinterleibsende. Vor der Paarung füllt das Männchen das Sperma in das Begattungsorgan im zweiten Segment des Hinterleibs. Beim sogenannten Paarungsrad holt sich das Weibchen das Sperma, indem es beim Begattungsorgan des Männchens «andockt» (siehe Abbildung oben). Die eigentliche Befruchtung der Eier geschieht unmittelbar vor der Eiablage.

    Die Eiablage findet entweder zu zweit im Tandem oder allein statt. Einzelne Arten stechen die Eier in Unterwasserpflanzenteile, andere werfen sie im Flug auf die Wasseroberfläche oder feuchte Uferbereiche. Eine Ausnahme stellt die Weidenjungfer dar. Sie legt ihre Eier in Äste von Sträuchern, die über das Wasser ragen. Die Art überwintert als Ei. Im Folgejahr schlüpfen die Larven und lassen sich ins Wasser fallen. Die meisten Libellenarten überwintern als Larve und nur die Winterlibelle überdauert die kalte Jahreszeit als erwachsenes Tier in hoher Vegetation abseits der Gewässer.

    Raphael Krieg und Daniel Küry


    Beobachtungstipps

    Libellen bei der Paarung lassen sich zum Beispiel an folgenden Gewässern beobachten:

    • Leimental: Bammertsgraben (Bottmingen), Mooswasen (Therwil)
    • Birstal: Erlebnisweiher Reinacherheide (Reinach)
    • Rheintal: Talweiher (Pratteln)
    • Ergolztal: Weiher im Tal (Itingen)
    • Diegtertal: Chilpen (Diegten)
    • Laufental: Birshollen (Laufen)
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