«Kein Pardon» am Deutschen Zoll

    Schweizer Hanfzigaretten voll im Trend – Aber Einfuhr nach Deutschland ist eine Straftat

    Seit einigen Wochen sorgt ein Thema für reichlich Gesprächsstoff: Im Coop und einigen Kiosken sowie per Online Shop kann man seit Ende Juli 2017 ganz legal Hanf-Zigaretten kaufen. Für den Hersteller und Vertreiber ein Riesengeschäft, denn die Nachfrage ist gigantisch. Bei aller Begeisterung für die Legalisierung dieses Produktes darf aber eines nicht vergessen werden: Beim Zoll, speziell auf Deutscher Seite, versteht man bei Hanfprodukten keinen Spass.

    (Bild: zVg) Achtung beim Zoll ist Vorsicht geboten: Wer auch kleinste Mengen CBD-Hanf ausführen will wie zum Beispiel die Hanf-Zigis (auf dem Bild Roger Koch, Gründer und Geschäftsführer der «Heimat»-Herstellerfirma), dem droht von deutscher Seite her ein Strafverfahren.

    Die Hersteller der «Heimat»- Hanf-Zigarette sind überwältigt. Die Herstellung und der Vertrieb von Hanfzigaretten – durch eine Ausnahme im Schweizer Betäubungsmittelgesetz legalisiert – ist aus wirtschaftlicher Sicht durchaus erfolgsversprechend. Die Zielgruppe(n) sind vorhanden, eine Nachfrage nach den 19.90 Franken teuren Zigi-Päckchen besteht und man erwartete auch in der Einführungsphase ein gesteigertes Interesse. Die Erwartungen wurden jedoch übertroffen:  «Wir sind komplett ausgeschossen», liess Roger Koch von «Heimat»-Zigaretten die Konsumentinnen und Konsumenten wie auch die Medien schon wissen. 1000 Stangen Hanf-Zigis produziert die Start-up-Firma aus Steinach SG pro Woche. Die Maschinen schaffen nicht mehr. Das reicht jedoch nicht, um der Nachfrage gerecht zu werden.

    In der Schweiz sind Hanfprodukte mit einem niedrigen Anteil des psychoaktiven Wirkstoffs THC und einem hohen CBD-Gehalt (das ist nach THC das am zweitstärksten konzentrierte Cannabinoid) legal. Die Hanf-Zigis sind also ein CBD-Hanfprodukt. In den letzten Monaten erlebt im Sog dieser Legalisierung auch die Region Basel einen regelrechten Boom und zahlreiche CBD-Hanfläden werden eröffnet.

    «Keine Karenzzeit, keine Ausnahmen – Die Einfuhr ist verboten»
    So lange man mit den Hanfprodukten gewissenhaft umgeht und nicht Minderjährige mit einbezieht (Besitz und Konsum bei unter 18jährigen sowie Verkauf an Minderjährige ist strafbar), ist man auf der sicheren Seite. Das gilt aber nur für die Schweiz. In Deutschland beispielsweise gibt es keine Ausnahme im Betäubungsmittelgesetz. Dies bedeutet, dass man als Schweizer selbst kleinste Mengen nicht über die Grenze schaffen darf. Die Deutsche Zollbehörde schlägt nämlich jetzt schon Alarm und hat eine Sensibilisierungskampagne lanciert. Man will präventiv schon eine deutliche Warnung ausgeben: «Die Einfuhr von Hanfprodukten nach Deutschland ist eine Strafttat. Die Einfuhrmenge entscheidet, welche Strafe man erwarten darf, wenn man erwischt wird. Das Spektrum reicht von einer Geldstrafe bis zu einer saftigen Busse oder sogar Gefängnisgewahrsam oder einer empfindlichen Haftstrafe. Auf jeden Fall wird ein Strafverfahren eingeleitet. Bei unseren Gesetzen gibt es da keinen Spielraum», sagt Ruth Haliti von der deutschen Generalzolldirektion. Und sie betont zudem, dass man auch keine Karenzzeit einführe, bis alle potenziellen Kandidaten den Sachverhalt auch wirklich begriffen haben. Die Mitarbeitenden an den Zollposten sind schon sensibilisiert.

    (Bild: zVg)

    Kein «wirkliches High-Gefühl»
    Interessant im Zusammenhang mit den Hanfzigaretten ist folgender Aspekt: Der psychoaktive Wirkstoff THC ist stärker und «fährt mehr ein» als der zweitstärkste Hanfwirkstoff CBD. Deshalb spricht man beim legalen Verkauf von Cannabis von CBD-Hanf. Legal ist der Handel und Konsum nur, wenn in den Produkten viel mehr CBD als THC steckt. Interessanterweise sind Produkte mit einem höheren CBD- oft teurer als jene (illegal erworbene) mit einem hohen THC-Wert (bis zu 16.95 Franken pro Gramm). Aber: Bei der legalen Produktion fällt das Risiko von Beschlagnahmungen, Bussen oder Strafen weg und man kann bedenkenlos in Gewächshäusern oder im Freiland anbauen und ernten. Wer sich jedoch verspricht, ein fulminantes «High»-Gefühl mit den Hanfzigaretten zu erleben und in eine Parallelwelt zu tauchen, könnte enttäuscht werden. Schon wurden erste Selbstversuche publiziert. Der Tenor: Der «Joint Light» mit einem THC-Anteil von unter einem Prozent zeige kaum Wirkung. Es sei denn, man wolle sich  gegen Krämpfe, Entzündungen und Schlafstörungen behelfen. Manche konsumieren legales Hanf, um Bauch- oder Kopfschmerzen zu lindern. Lustig sei es, wenn man das Päckchen öffnet und sich eine Zigarette anzündet: Der Duft wie bei einem Sack «Gras» ist intensiv. Mehr passiert aber im Bereich der Psychoaktivität nicht.

    Weg aus der «Schmuddel-Ecke»?
    Einige kennen sie aus einem Amsterdam-Städtebesuch: Die so genannten Coffee-Shops. Mit einem klassischen «Kaffeehaus» haben sie aber nicht viel gemein. In diesen Lokalitäten gibt es ganz legal Cannabis-Produkte zu konsumieren. Die Renner sind jeweils die beliebten «Space-Cakes».

    In der Schweiz hat kürzlich der erste solche Coffee-Shop, die Niagara-Lounge zwischen Bahnhof und Flugplatz Dübendorf, eröffnet, wo natürlich nur so genannte CBD-Hanfprodukte verwertet werden dürfen. Und in Basel eröffnete bereits eine Hanf-Apotheke an der Güterstrasse 185 im Gundeli-Quartier.

    Das Ziel der Betreiber ist, nicht in die «Kiffer-Schmuddel-Ecke» gestellt zu werden. Dieses Image passe nicht ins Konzept. Denn die Kiffer-Kriminalität in der Schweiz soll nach wie vor hoch sein. Im März 2017 hat die bernische Ethikkommission ein «kontrolliertes Experiment» von Forschern genehmigt. Auch der Schweizerische Nationalfonds (SNF) stellte sich hinter das Projekt und beteiligte sich mit 720’000 Franken. Das Experiment soll aufzeigen, welche Rolle das «Kiffen» in der Gesellschaft einnimmt. Gemäss der schweizerischen Kriminalstatistik gab es 2015 fast 23’000 Verfahren gegen das Betäubungsmittelgesetz wegen des Konsums von THC-Hanfprodukten. Wer weniger als zehn Gramm mit sich führt, wird nur mit einer Ordnungsbusse belegt. Cannabis ist laut dem Suchtmonitoring Schweiz «die mit Abstand am häufigsten konsumierte illegale Substanz».

    Autor: JoW

    (Bild: JoW) Am Dreiländereck ist beim Zoll Vorsicht geboten: Wer auch kleinste Mengen CBD-Hanf ausführen will wie zum Beispiel die Hanf-Zigis, dem droht von deutscher Seite her ein Strafverfahren.
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