Hochkonjunktur für Zukunftsforscher und Futuristen

    Erkenntnisse zu Beruf und Zukunft von der Swissbau 2018 in Basel

    Was macht die Digitalisierung mit unserer Arbeitswelt? Diese Frage stellte man sich auch an einer der bedeutendsten Baumessen Europas – der Swissbau 2018 in Basel. Die Zukunftsforscher und Futuristen waren in ihrem Element.

    (Bilder: zVg) Die Digitalisierung in den Branchen bewirkt auch, dass neue Berufe entstehen.

    Die Swissbau 2018 in Basel, eine der wichtigsten Messeveranstaltungen der Schweiz, ist Geschichte. Die Swissbau ist ein wichtiger Indikator, immerhin generiert die Baubranche 66 Milliarden Jahresumsatz. Für die Branche ist die Basler Swissbau zudem eine der führenden Veranstaltungen im Bereich Innovation. Im Fokus der diesjährigen 25. Ausgabe stand die Digitalisierung und die damit einher gehenden neuen Entwicklungen bezüglich der «neuen Berufe» und Jobs mit Zukunft. Das Messe-Motto hiess folglich «Collaboration – alle zusammen oder jeder für sich?». Eine neue Sonderschau namens «Swissbau Innovation Lab» eruierte dazu praktische Wege und Potenziale aus. Wichtig hierbei: Zielpublikum der jedes zweite Jahr stattfindenden Swissbau  sind Fachleute aus Planung, Investment, Baugewerbe, Handel, Immobilienwirtschaft und Bauherren. Und diese sind äusserst interessiert an Jobprognosen sowie Trends. Auch wenn beispielsweise George Sheldon, Professor für Arbeitsmarktökonomie an der Universität Basel, in diversen Interviews an Job-Prognosen zweifelt (Zitat: «Was die Jobs der Zukunft sind, weiss leider niemand. Wenn man wüsste, in welcher Branche neue Jobs entstehen, könnte man an der Börse investieren und würde so reich»), so wird den Zukunftsforschern auf diesem Gebiet dennoch grosse Aufmerksamkeit zuteil.

    «Emotionale Intelligenz im Job wird immer wichtiger»
    So zum Beispiel auch Gerd Leonhard. Der Zukunftsforscher und Futurist wagt eine Prognose, die sowohl in der Bau- wie auch in allen anderen Branchen für Aufsehen sorgen könnte: «Man kann davon ausgehen, dass bis zu 50 Prozent der Berufe in den nächsten Jahrzehnten verschwinden werden und sich neue Jobprofile entwickeln. Alles, was automatisiert oder digitalisiert werden kann, wird betroffen sein. Sobald es um Prozesse geht, die eine künstliche Intelligenz erledigen kann, steht die Türe offen für Veränderungen. Man sieht das bereits bei der Verwaltung von Lagerflächen. Gewisse Routinevorgänge können hochtechnisierte Roboter ausführen. Lagerarbeiten und Reinigungsvorgänge sind da ein gutes Beispiel.» Gerd Leonhard weist auch darauf hin, dass in der Landwirtschaft schon viele Melkmaschinen im Einsatz sind, wo sich die Tiere hinstellen und melken lassen können. Was Leonhard aber auch betont: Die Berufsleute der Zukunft werden sich «fast von selbst ein Profil geben» und ihre Fähigkeiten gezielt in Projekten zum Einsatz kommen. «Die Energiewende spielt da eine grosse Rolle und auch der Weg vieler Gemeinden und Städte zur 2000 Watt-Gesellschaft. Supervisoring bleibt im Trend und wird nach wie vor von Menschen besser erledigt werden können als von den intelligentesten Maschinen. Bei allem, was mit emotionaler Intelligenz und nicht nur mit Big Data-Input zu realisieren sein wird, werden wir als Berufsmenschen einen Vorsprung gegenüber Maschinen haben.» Gerd Leonhard hält es ganz nach dem Motto von David Bowie: «Morgen gehört denen, die es kommen hören» («Tomorrow belongs to those who can hear it coming»). «Wir in der Schweiz sind so stark in der Zukunftsforschung aber irgendwie auch sehr traditionell, veranlagt. Auch in den Arbeitswelten», sagt er. Viele dieser «neuen Berufe», die in der Welle der Automatisierung und Digitalisierung und besonders im Naturschutz-, Cleantech- und Umwelt-/Energie-Bereich und eben auch in der Baubranche hervorkommen, haben es aber in sich: Fachkenntnis und Vielseitigkeit sind Voraussetzungen für die Ausübung dieser neuen Berufe, aber besonders wichtig ist für Berufsleute in den «neuen Berufen» die vielen erworbenen Fähigkeiten zu verknüpfen. Man spricht sogar in Fachkreisen bei den Zukunftsforschern von «neuem Denken statt neuen Berufen».

    «Bei allem, was mit emotionaler Intelligenz und nicht nur mit Big Data-Input zu realisieren sein wird, haben Berufsmenschen einen Vorsprung gegenüber Maschinen.» (Gerd Leonhard, Futurist und Zukunftsforscher)

    Reagieren auf die Trends
    Was bedeutet dies für die Aus- und Weiterbildungsbranche? Besonders jene «Berufe der Zukunft»  im Cleantech- und Energie-und Umwelt-Bereich erfordern die Fähigkeit zum «neuen Denken und Verknüpfen». Da geht es um anforderungsreiche Aufgaben im Bereich ressourcenschonende Art der Behandlung von Technologien, Industrien und Dienstleistungen. Effizienzsteigerung und Kostenminderung spielen in der Berufswelt eine entscheidende Rolle. Fachkräfte für den Bereich Energie und Umwelt sind dementsprechend gesucht. Und: Erkannt hat den Trend auch die Politik. Die kantonale Finanzierung der entsprechenden Lehrgänge steht in den zuständigen Departementen ganz oben auf der Prioritätenliste. Gefordert sind somit nicht nur die Betriebe, die KMU und Konzerne, sondern auch die Weiterbildungsinstitute. TEKO Basel-Schulleiterin Terry Tschumi beispielsweise bestätigt denn auch, dass Bund und Kantone Ausbildungen wie beispielsweise Techniker/in HF Umwelt und Energie ideologisch und finanziell unterstützen. Je nach Kanton werden bis zu 50 oder gar 60 Prozent der Ausbildungskosten übernommen. «Jene, die jetzt davon profitieren, werden künftig bei der Jobsuche einen Vorteil und bessere Karrierechancen haben. Ich gehe davon aus, dass auch auf Kommunalebene im Zeichen der Globalisierung, Energiewende und der neuen Herausforderungen an die Mitarbeitenden diese effizienten und gut ausgebildeten Berufsleute äusserst beliebt sein werden. Einige Unternehmen, die Auftragnehmer von Kommunen sind oder Mandate haben, schicken uns ihre Leute, um Kenntnisse und Kompetenzen laufend zu aktualisieren, und um arbeitsmarkt- und konkurrenzfähig zu bleiben», sagt sie.

    JoW

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