«Die Kunden sind unser höchstes Gut!»

    Heinz Grüninger führte mit viel Engagement, Innovations- und Unternehmergeist 17 Jahre die Emil Frey Basel-Dreispitz. Er war massgeblich beteiligt an der Entwicklung der Autowelt Basel-Dreispitz zu einem der modernsten und führenden Garagenbetriebe nicht nur der Emil-Frey-Gruppe, sondern auch der Schweiz. Mit einem lachenden und weinenden Auge hat er anfangs September das Zepter seinen Nachfolgern übergeben. Dennoch bleibt er verbunden mit der Emil Frey AG, die er als überaus liberale Arbeitgeberin geschätzt hat sowie mit der Branche. Die Faszination Auto wird immer bleiben.

    (Bilder: zVg) Heinz Grüninger: Er sorgte als Geschäftsführer dafür, dass in der Autowelt Basel-Dreispitz das Persönliche nicht verloren ging.

    Nach 17 Jahren verlassen Sie als Geschäftsführer die Emil Frey AG in Basel. Wenn Sie Bilanz ziehen, welche besonderen Erinnerungen prägen Ihren Weg?
    Heinz Grüninger: Ich durfte in Basel viele tolle Menschen kennen und schätzen lernen. Angefangen von den Mitarbeitern, die während dieser Zeit einige prägende Veränderungen mitgetragen haben bis zu den Lieferanten, mit denen wir stets ein partnerschaftliches, von gegenseitigem Respekt geprägtes Verhältnis geführt haben. Ganz speziell erwähnen aber möchte ich unsere Kundinnen und Kunden. Viele von ihnen sind seit Jahrzehnten unserem Betrieb treu. Trotz der immer stärker aufkommenden Digitalisierung schätzen sie den persönlichen Kontakt zu den Mitarbeitern. Und das nicht nur, wenn es um automobile Themen geht. Die Resonanz unserer Kundinnen und Kunden belegt dies deutlich und macht uns stolz, dass trotz unserer staatlichen Betriebsgrösse das Persönliche nicht verloren gegangen ist.

    Wie hat sich die Autobranche in den letzten zehn Jahren verändert?
    Hier gibt es zwei Abschnitte zu erwähnen. Vor der Pandemie: Die Hersteller haben ihre Produkte so schnell und stark verbessert, wie es zuvor noch nie der Fall war. Design, Leistung, Komfort der Produkte wurden fast jährlich überholt. Auf der Ebene der Garagisten mussten kostenintensive Standards umgesetzt werden, damit die Hersteller ihre Erlebniswelt an den Endkunden übermitteln konnten. Dies alles hat sich mit der Pandemie schlagartig verändert. Es wurde weniger gefahren, die Kundinnen und Kunden haben vorerst ihre automobile Investition verschoben und später in Richtung Vernunft korrigiert. Verbrauchsarme und klimafreundliche Fahrzeuge werden zur neuen Realität. Auch die CO2 Thematik spielt dabei eine nicht zu unterschätzende Rolle, was Herr und Frau Schweizer künftig fahren müssen oder wollen.

    Was fasziniert Sie nach wie vor an der Autobranche?
    Die Autobranche ist anpassungsfähig, flexibel und innovativ. Das Auto dominiert den Personenverkehr der Schweiz: 72 Prozent aller Personenkilometer werden mit dem Auto zurückgelegt. Rund 4.7 Mio. Autos sind in der Schweiz zugelassen. Jeder achte Arbeitsplatz in der Schweiz hängt mit dem Automobil zusammen. Rund 226’000 Menschen teilen die Faszination Auto mit mir – die Faszination individuelle Mobilität und damit ein gewisses Mass an Freiheit.

    Emil Frey Basel-Dreispitz: Einer der modernsten und führenden Garagenbetriebe in der Schweiz.

    Wo haben Sie bei Ihrer Arbeit Prioritäten gesetzt?
    Die Kundenorientierung darf keine Floskel sein, sie muss gelebt werden. Jeden Tag neu, 365-mal im Jahr. Wir dürfen zu keinem Zeitpunkt vergessen, dass die Kundinnen und Kunden unseren Lohn bezahlen. Aber auch die Leistung muss dem Preis entsprechen, sei es im Verkauf oder im Service. Das Internet sorgt für eine transparente Vergleichbarkeit und deckt Abweichungen schonungslos auf. Um hier nicht nur mitzuhalten, braucht es gut ausgebildete Mitarbeiter, die ihr Fachgebiet beherrschen. Nebst der ständigen Ausbildung der Mitarbeiter gilt es auch, dem Nachwuchs die nötige Beachtung zu schenken. Rekrutierung und Ausbildung von Lehrlingen hat bei der Emil Frey einen hohen Stellenwert. Gerade in der heutigen Zeit des Fachkräftemangels ist es fast unabdingbar und ein Vorteil, den eigenen Lehrlingen eine Stelle anbieten können.

    Was sind heute die grössten Herausforderungen in der Branche?
    Kurzfristig sind es sicher die Lieferschwierigkeiten, welche die Branche noch bis 2023 treffen werden. Nebst dem bekannten Problem wie fehlendes Material in der Produktion kommt noch die Logistik dazu. Transportmöglichkeiten auf See fehlen ebenso wie Güterzüge, die nicht voll beladen werden können und deshalb den Bahnhof nicht verlassen. Die Klimadiskussionen rufen nach dem Elektroauto und ignorieren alle weiteren Technologien. Gerade in der jetzigen Zeit wäre es angemessen, alle Möglichkeiten auszuschöpfen. Für viele Garagisten wird es ungewiss. Im Rahmen neuer Vertriebswege sagen die Hersteller dem heutigen Vertriebssystem den Kampf an, sogenannte Agenturmodelle werden die Zukunft bestimmen. Das heisst die Fahrzeuge werden direkt beim Hersteller bestellt und bezahlt. Für den Kunden bedeutet dies: Der Hersteller bestimmt den Preis. Der Händler erhält eine (minimale) Vermittlungsprovision und kann seine zu erbringenden Dienstleistungen dem Kunden direkt berechnen. Dies wird er müssen, um zu überleben. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass sich der Händler künftig als Mobilitätsdienstleister aufstellt und sein jetziges Geschäftsmodell überdenkt.

    Was schätzen Sie besonders am Haus Emil Frey?
    Die Emil Frey AG ist ein Schweizer Familienunternehmen mit langer Tradition in allen automobilen Belangen. Die Werte des Gründervaters bestimmen noch heute das Handeln und werden gelebt. Die Nachhaltigkeit steht über der Kurzfristigkeit und das in einer schnelllebigen Branche. Persönlich geschätzt habe ich die unternehmerische Freiheit vor Ort, die im schweizerischen Automobilhandel wohl einzigartig ist.

    Was werden Sie besonders vermissen?
    Die vielen Kontakte mit den Kunden, Mitarbeitern und Partnern werden sicher fehlen. Aber auch die Tatsache, Informationen über den ganzen automobilen Bereich nicht mehr aus erster Hand zu erfahren. Daran werde ich mich erst gewöhnen müssen.

    Steven Schenk, langjähriger Geschäftsführer der Emil Frey Münchenstein hat den Betrieb zusammen mit dem Filialleiter Özgur Tango per 1. September 2022 übernommen. Was geben Sie Ihren beiden Nachfolgern mit auf den Weg?
    Der Kunde ist unser höchstes Gut. Pflegt und hegt ihn entsprechende und habt ihm Sorge!

    Haben Sie bereits Pläne für Ihr «neues» Leben?
    Jede Menge! Mein Kalender ist bereits gut ausgefüllt mit Tätigkeiten, die mir extrem Freude machen. Dabei ist vieles neu, spannend und herausfordernd. Natürlich darf dabei auch die Zeit für Spontanes nicht fehlen.

    Interview: Corinne Remund


    Impressionen aus der Autowelt Basel-Dreispitz

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