Der Tanz auf dem Drahtseil

    Zum Bundesrats-Entscheid zur Zulassung von Sportanlässen mit über 1000 Personen

    Die Erleichterung war im ganzen Sportbusiness zu spüren: Sportanlässe mit mehr als 1000 Personen sind ab Oktober 2020 wieder möglich. Unter strengen Auflagen und nur mit einem Schutz- und Massnahmenkonzept. Das letzte Wort für die Bewilligungen der einzelnen Sportevents haben nach wie vor die Kantone. Viele sehen den Bundesratsentscheid mit gemischten Gefühlen, aber es ging darum, einen gesamten Branchensektor zu retten.

    (Bild: zVg / EHC Basel) Olivier Schäublin – als Spieler eine EHC-Legende, vielleicht auch bald als Sportchef, sollte er als Architekt des Aufstiegs avancieren?

    Für den EHC Basel, der im September mit vielen Ambitionen und einem verstärkten Kader in die Saison startet, waren es ebenfalls gute News. Obwohl die Zuschauerzahlen in der Eishockey My Sports League selten die Tausendergrenze überschreiten. Dennoch: Je nach Saisonverlauf werden die Mannen um den neuen Cheftrainer Christian Weber beim einen oder anderen Spiel diese Grenze knacken. Für einen Club, der unter anderem auch auf Zuschauereinnahmen baut, nicht unwichtig.

    Auch wichtig: Das Signal, dass es in irgend einer Form weiter geht. Dieser psychologische Moment für die Clubs, Sportler/innen und Sponsoren, Medien und Fans ist nicht zu unterschätzen. Wir haben uns mit Olivier Schäublin, seines Zeichens Sportchef des EHC Basel, über die Herausforderungen während der Lockdown-Zeit unterhalten – wie auch über jene Aufgaben, die jetzt aktuell im Fokus stehen.

    Olivier Schäublin, der EHC Basel hat, wie alle anderen Clubs, hat eine bewegende Zeit hinter sich…
    O. Schäublin: Die Pandemie kam wirklich im dümmsten Moment. Wir hatten soeben erstmals seit 15 Jahren wieder mal sportlichen Erfolg mit einer Finalqualifikation erreicht und waren gut drauf. Am Anfang dachten alle, dass die Covid-Situation nicht so schlimm würde, aber nachher ging es Schlag auf Schlag bis zum Saisonabbruch. Der Verband hat entschieden, ligaübergreifend keinen Aufsteiger ausspielen zu lassen. Also blieb uns nichts weiter als die Saison abzuhaken und uns auf die unmittelbare Zukunft zu konzentrieren. Die finanziellen Verluste mit der Absage der Finalspiele waren enorm und die Auswirkungen durch den Lockdown bis heute noch nicht wirklich abschätzbar. Wir hoffen, dass wir mittelfristig nach wie vor alle Sponsoren weiter an Bord haben werden und die Saison normal mit Zuschauer anfängt.

    Welche Auswirkungen hatte sie auf den EHC Basel in Bezug auf das Team?
    Die Auswirkungen auf das Team der letzten Saison war vor allem die grosse Enttäuschung, eine sportliche Mission nicht abgeschlossen zu haben. Für die aktuelle Mannschaft der Saison 20/21 war natürlich die Sommer-Vorbereitung sehr schwierig und man wurde mit ganz neuen Herausforderungen konfrontiert. Einige der neuen Transfers und Meetings fanden online statt und das Team trainierte lange nach individuell zusammengestellten Plänen. Die St. Jakob Arena war wochenlang geschlossen und wir konnten das Angebot in Kleingruppen von der Kapazität her nicht immer wie gewünscht umsetzen.

    Auf welche Herausforderungen sind Sie als Sportchef in dieser Zeit getroffen?
    Die Trainer- sowie Spielersuche war nicht ganz einfach. Man musste alles online oder per Telefon machen. Ich musste viel mehr Referenzen einholen und habe auch die meisten neuen Spieler lange nicht persönlich treffen können. Dies war unüblich, da wir in der Kaderzusammenstellung die Persönlichkeit und den Charakter doch sehr hoch werten. Auch in der Planung des Sommertrainings waren doch sehr viele neue Herausforderungen zu meistern.

    Das Motto heisst ja jetzt nach vorne zu schauen und sich den neuen Begebenheiten anzupassen. Wo steht der EHC Basel im sportlichen Sinne aktuell?
    Die Mannschaft ist fast komplett, alle waren hochmotiviert, als die Teamtrainings starteten. Die Vorbereitungsspiele wurden fixiert und dann werden wir sehen, wie sich die neuen Spieler in die doch im Grossteil zusammen gebliebenen Mannschaft integrieren. Wir haben einen in den letzten Jahren sehr guten Kern geformt und die Jungs sind hungrig. Das Saisonziel wurde wegen der unsicheren Situation noch nicht definiert. Aber es ist klar, wenn man in der Vorsaison im Final stand und diesen dann nicht spielen konnte, will man wieder dorthin und diesen auch gewinnen.

    Es gab einige interessante Zugänge für diese Saison.
    Die Verpflichtung von Chrigl Weber als neuen Cheftrainer war ein deutliches Zeichen. Er ist ein sehr erfahrener Coach, der gut mit jungen Spieler arbeiten kann und für den Club einen riesigen Mehrwert darstellt. Und mit Martin Alihodzic haben wir einen sehr erfahrenen Spieler geholt, auf den wir grosse Hoffnungen setzen. Und da gab es auch Trouvaillen wie etwa Laris Marbot. Mit ihm haben wir einen jungen, hungrigen neuen Spieler, der auch weiss wo und wie man Tore schiesst. Er hatte eine starke erste Saison in der MSL und ich bin überzeugt dass er dort anknüpft und er noch einige überraschen wird.

    Es ist bekannt, dass Sie peinlich genau auf das taktisch-spielerische Element – aber auch auf den Faktor Charakter bei der Teamzusammenstellung achten. Haben Sie die Teamchemie Ihrer Meinung nach gut hergebracht?
    Ja, denke ich schon. Es sind alles sehr motivierende, hungrige Jungs, die das Projekt EHC Basel mitgestalten wollen und heiss auf die neue Saison sind. Spielerisch haben wir sicher an Qualität zugelegt, aber auch bei den erfahrenen Spielern, die Leaderfähigkeiten haben, sind wir besser als in der Vorsaison aufgestellt. Bis jetzt stimmt die Richtung, danach werden wir sehen wie es auf dem Eis aussieht. Ich bin zuversichtlich und freue mich auf die neue Saison.

    JoW, DaC


    Fleissig und ambitioniert

    Der Sportchef des EHC Basel blickt auf eine bewegende Karriere zurück. Allein für Basel bestritt Olivier Schäublin 428 Partien in verschiedenen Ligen. Des weiteren agierte er als Eishockeyprofi in Genf, Visp, Biel, Lausanne, Sierre, Fribourg und Langenthal und feierte drei NLB-Titel und war auch Stammspieler in der NLA. Er schaffte sogar den Einzug in den NLA Playoff-Final mit Fribourg und hätte sogar Schweizer Meister werden können. Der heute 42jährige wusste schon als Junior und später als Spieler, wie man mit Herausforderungen und vielen Rollen umzugehen hat. Während seiner Aktivzeit als Sportler absolvierte er zwei Ausbildungen, eine zum Elektriker (während seiner ersten NLB-Saison in Genf arbeitete er noch als Hotelelektriker), eine zum Kaufmann und den Sportmanager an der Uni Fribourg, die sich in der Folge auszahlen würde. Denn hier holte er sich das Rüstzeug zum Sportmanager, welches ihn befähigte, beim EHC Basel eine zentrale Rolle in der Entwicklung des Clubs einzunehmen.

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