Darauf müssen wir uns einstellen…

    Wir spüren es vor allem bei den Benzinpreisen und beim Heizöl am eigenen Leibe beziehungsweise beim Portemonnaie. Es sind die für uns bezüglich des allgemeinen Alltagslebens die aktuell relevantesten Folgen des Ukrainekrieges.

    (Bild: Bilderarchiv Kanton BS) Die Lieferketten sind gestört. Und der Preis für Brenn- und Treibstoffe steigt. Im Bild: Die TAU Tanklager Auhafen AG betreibt für ihre Partner und deren Mieter ein Tanklager für flüssige Brenn- und Treibstoffe im Auhafen Muttenz

    Die Schweiz ist zu rund 60 Prozent von fossilen Energieträgern abhängig. Öl und Gas müssen vollständig importiert werden. In der Schweizer Energieversorgung macht Gas rund 15 Prozent aus. Die Hälfte stammt aus Russland. Das meiste Gas würde für das Heizen verwendet, schreibt das Bundesamt für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK. Zur Stärkung der Gasversorgungssicherheit im Winter 2022/23 hat der Bundesrat kürzlich Massnahmen beschlossen: Die Schweizer Gasbranche müsse sich die zur Versorgung nötigen Gaslieferungen sichern, ohne dass sie kartellrechtliche Konsequenzen verletze. So kann die Schweizer Gasbranche rasch Gas, Flüssiggas und zusätzliche Speicherkapazitäten sowie Terminalkapazitäten für Flüssiggas beschaffen.

    Der «Tanktourismus» zieht wieder an…
    Unterdessen entwickelt sich für uns als Konsumentinnen und Konsumenten die Suche nach den tiefsten Benzinpreisen zu einem sportlichen Wettbewerb. Besonders trifft es jene, die auf ihr Kraftfahrzeug aus beruflicher oder privater Sicht angewiesen sind. Und: Der «Tanktourismus» ist wieder trendy im «Grossen Kanton». Je nach Treibstoffart, Tageszeit und Tankstelle liegt der Preisunterschied bei bis zu 17 bis 20 Cent pro Liter. Doch dafür müsse man schon genau hinsehen und wissen, was man wann und wo tanken will, wird in den Medien ennet des Rheinufers berichtet. Viele arbeiten in der Region Basel und tanken automatisch hier. Aber es lohnt sich nicht immer: Wer mehr als 25 Kilometer zur Grenze fahren müsse oder Diesel braucht, für den würde sich der Umweg weder ökologisch, zeitlich noch ökonomisch rechnen. Zudem hat sich der Preisunterschied seit Beginn des Ukrainekrieges markant verringert. Der Grund: Die verschiedenen Steuern in den jeweiligen Ländern (Mineralöl, Mehrwertsteuer und CO2-Abgaben). Ein grosser Unterschied zu Deutschland spricht jedoch klar für den Tanktourismus: In Deutschland gibt es einige Preissprünge – an manchen Tagen ändert sich der Preis bis zu sechsmal. In der Schweiz ist es gesetzlich untersagt mehr als einmal pro Tag die Preise anzuheben.

    Für die Schweizerinnen und Schweizer war die aktuell rasche und markante Preisentwicklung für Benzin, Gas und Heizöl zwar kein Neuland, aber dennoch ungewöhnlich. Viele zusätzliche Gründe für den volatilen Preis liegen oft auch im Detail. Zum Beispiel bei der Grösse der Autos. Da ist die Schweiz im internationalen Vergleich weit vorne. Kein Land in Europa habe so viele «schwere Fahrzeuge» wie die Schweiz. Rund 1700 Kilo wiege ein leeres Auto im Durchschnitt hierzulande. Das seien knapp 300 Kilo mehr als in der EU (diverse Quellen, u.a. SRF). Es wurde schon ausgerechnet, dass pro hundert Kilo Mehrgewicht je nach Technologie der Verbrauch bis fünf Prozent steigt (Quelle: Eidgenössische Material- und Forschungsanstalt Empa). Daran rüttelt auch nicht die Tatsache, dass mit der technologischen Entwicklung die PKWs und LKWs seit Jahren immer sparsamer werden.

    Nun fordern einige politische Kräfte, der Bund solle vorübergehend auf die Mineralölsteuer (aktuell rund 77 Rappen pro Liter) und auf die 7,7 Prozent Mehrwertsteuer verzichten. Aber da gibt es einen Haken: Die Mineralölsteuer ist gesetzlich geregelt. Und: Der Bund würde auf sechs Prozent seiner gesamten Einnahmen verzichten (für 2022 rechnet man mit knapp unter fünf Milliarden Franken), das zudem noch zweckgebunden für den Strassenbau und -unterhalt vorgesehen ist.

    Endprodukte werden teurer…
    Und wo noch werden wir als Konsumentinnen und Konsumenten eine direkte Wirkung des unsäglichen Krieges spüren? Die jüngste Umfrage von economiesuisse zeigt Schwierigkeiten bei über 66 Prozent der befragten Unternehmen beim Bezug von Vorprodukten und Rohstoffen. Rund die Hälfte gibt an, dass der Krieg Einfluss auf ihre Geschäftstätigkeit hat – ein Fünftel sei gar stark betroffen. Überdurchschnittlich oft kommen diese Meldungen aus der Chemie, der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie sowie von Lebensmittelproduzenten und Grosshändlern. Grosse Lieferengpässe gibt es bei Aluminium und Holz, aber auch Betriebsmittel. Entsprechend würden so nachgelagert auch Gebrauchsgüter, wie beispielsweise Maschinen oder Halbleiter fehlen. Und: Die Ukraine ist eine wichtige Weizen- und Speiseöllieferantin. Das dürfte dann vermehrt auch Endkunden betreffen. Ein weiteres Beispiel: Die chemische Industrie stellt aus Rohstoffen Produkte her, die auch für Dinge unseres täglichen Lebens benötigt werden – von Kunststoffen bis zu Düngemitteln. Ausserdem: Höhere Treibstoffpreise verteuern nicht nur den Transport per Schiff und Flugzeug, sondern auch mit dem Lastwagen. Das Fazit von economiesuisse: In den nächsten sechs Monaten rechnen die Unternehmen über alle Branchen hinweg im Schnitt mit einem Preisanstieg von rund fünf Prozent.

    JoW / ChSt


    Und wieder geht es um Verschwörungsmythen und -theorien…

    Mit dem Ukrainekrieg bekommen Verschwörungsmythen erneut wieder Aufmerksamkeit – auch in der Region.

    (Bild: PEXELS) Verschwörungsmythen haben leider wieder Auftrieb. Eine spürbare Folge des Ukrainekrieges…

    Das virulente Thema «Verschwörungsmythen» ist nach wie vor aktuell und man sollte aufmerksam beobachten, welche der neuen «Verschwörungstheorien» kursieren. Heuer haben neuerdings jene (aus Russland gesteuerte) im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg Konjunktur.

    Wir erinnern uns: An fast jeder Demo, welche die kritische Auseinandersetzung mit den Massnahmen der Kantone und des Bundes gegen die Verbreitung der Covid-Pandemie zum Motto hatte, war es zu beobachten: Manche Gruppierungen nutzen Aufmärsche sowie die damit einher gehende Aufmerksamkeit und Wirkung, um bestimmte Botschaften zu verbreiten. Manche davon gehen eindeutig in Richtung Verschwörungsmythos. Die Überzeugung, dass bestimmte Ereignisse oder Situationen von geheimen Mächten in negativer Absicht manipuliert werden, treibt einige an, diversen Theorien zu glauben. Eine kritische Auseinandersetzung in allen Lebensbereichen ist in einem Rechtsstaat erlaubt und erwünscht und a priori nicht falsch. Aber: Wenn die kritischen Theorien, die oft auch bald sich in «Mythen» verwandeln, erst mal vordergründig eine logische Erklärung für komplexe Ereignisse oder Situationen bieten, so vermitteln sie in einigen Fällen dennoch ein falsches Gefühl von Kontrolle und Deutungshoheit. Dieses Bedürfnis nach klaren Verhältnissen ist in diesen Zeiten, wo man mit einem gewissen Community Management viel Reichweite generieren kann, besonders stark ausgeprägt. Die Corona-Pandemie hat – so berichten die Unecso wie auch andere Stellen und Kommissionen – eine zuletzt immer grössere Anzahl schädlicher und irreführender Verschwörungstheorien hervorgebracht, die in erster Linie übers Internet, aber auch an Aufmärschen und Demonstrationen verbreitet werden. Man erkenne Verschwörungstheorien und -mythen meistens an den folgenden Parametern: Erstens: Eine angebliche, geheime Verschwörung und eine Gruppe von Verschwörern sollen am Werk sein. Zweitens: es sollen «Beweise» aufgetaucht sein, die die Verschwörungstheorie zu stützen scheinen. Diese suggerieren, dass nichts von ungefähr geschieht, und dass es keine Zufälle gibt; nichts ist, wie es scheint – und alles gehört zusammen. Viele dieser «Theorien» unterteilen die Welt in Gut und Böse und machen bestimmte Menschen oder Gruppen zu Sündenböcken.

    Derzeit warnen Beobachterinnen und Beobachter dieser Tendenzen vor «Russischer Propaganda und Desinformation». Denn auch bei noch so offensichtlicher Desinformation gibt es nach wie vor Interessengruppen, die empfänglich sind für ein bestimmtes Narrativ, was die Hintergründe zum Ukrainekonflikt beziehungsweise -Krieg betrifft. Immerhin: Die Gesellschaft Schweiz-Russland verurteilt die militärische Eskalation und fordert die sofortige Einstellung aller kriegerischen Handlungen sowie aller Aktivitäten, unter denen die Bevölkerung in beiden Ländern zu leiden hat. «Die Völker Russlands und der Ukraine verbindet eine lange gemeinsame Geschichte und viele Menschen haben verwandtschaftliche und freundschaftliche Kontakte. Ziel muss es sein, zu einer friedlichen Koexistenz beider Völker zurückzufinden», wird kommuniziert. In einem Interview mit dem Verschwörungstheorie-Forscher, Autor, Podcaster und Kommunikationswissenschaftler Marko Kovic sagte dieser: «Wenn man immer nur die gleichen kritischen Informationen aus dubiosen Quellen konsumiert und beispielsweise in einschlägigen Telegram-Gruppen nur von Leuten umgeben ist, die alles genau gleich sehen, verhärtet sich die Sicht der Dinge. Das ist eine besorgniserregende Dynamik. Man spricht da von einer Filterblase.»

    JoW

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